Kunstrad: Lisa Hattemer beendet Karriere

Ihr größter Triumph: Lisa Hattemer präsentiert nach dem Gewinn des WM-Titels 2016 in Stuttgart die Goldmedaille.Archivfoto: dpa  Foto:
© Foto:

Gau-Algesheim. Mit fünfeinhalb Jahren stieg sie erstmals aufs Kunstrad. Nun – fast genau zwanzig Jahre später – stellt sie es in die Ecke. Lisa Hattemer vom RSV...

Anzeige

GAU-ALGESHEIM. Mit fünfeinhalb Jahren stieg sie erstmals aufs Kunstrad. Nun – fast genau zwanzig Jahre später – stellt sie es in die Ecke. Lisa Hattemer vom RSV Gau-Algesheim beendet ihre erfolgreiche Karriere, die sie im vergangenen Jahr in Stuttgart zum krönenden Weltmeistertitel im Einer geführt hatte. „Es waren 20 unvergessliche Jahre“, sagt die Spitzensportlerin. „Aber dieses Kapitel ist jetzt zu Ende und es wird Zeit, ein neues aufzuschlagen. Ich habe mein Studium abgeschlossen und möchte mich im nächsten Jahr voll auf meinen Berufseinstieg konzentrieren können“, begründet die 25-Jährige ihre Entscheidung, die ihr natürlich nicht leicht gefallen ist,

Lisa Hattemer hat in ihrem Sport alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. „Sie stand ab 2008 in jeden Wettkampf auf dem Siegertreppchen“, erinnert sich ihre Trainerin Pia Bischel, die sie während ihrer gesamten Laufbahn begleitet hat und die ihr nach dem Gewinn des WM-Titels geraten hatte, in der Stunde des Triumphes aufzuhören. Doch damals war Lisa Hattemer noch nicht bereit dazu. Sie konnte natürlich seinerzeit nicht wissen, dass die nun zu Ende gegangene Saison für sie eher schlecht als recht laufen würde – WM verpasst und bei der deutschen Meisterschaft nicht ins Finale gekommen. „Trotzdem bin ich froh, dass ich diese Saison noch einmal gefahren bin, auch wenn ich natürlich lieber mit einem besseren Ergebnis aufgehört hätte“, blickt die Gau-Algesheimerin, die im Februar und März mit einer Studienfreundin Australien und Neuseeland bereist, ohne Bitternis zurück.

Warum sollte sie auch, die Liste ihrer Erfolge ist lang. Angefangen mit den nationalen Junioren-Titeln 2008 und 2010 über die Siege bei den Junioren-Europameisterschaften 2009 und 2010 bis hin zur deutschen Meisterschaft 2014 und eben dem WM-Titel. Dazu gab es bei Welttitelkämpfen auch noch Bronze und Silber. Der Trophäenschrank in Gau-Algesheim ist gut gefüllt. Und außerdem tritt sie als Weltrekordinhaberin ab. Am 3. September vergangenen Jahres verbesserte sie im österreichischen Hohenems ihre 2015 in Mörfelden aufgestellte eigene Bestmarke auf 186,57 Punkte. „Noch habe ich ihn“, schmunzelt die 25-Jährige, die allerdings überzeugt ist, dass im nächsten Jahr eine neue Bestmarke kommt.

So ganz vom Kunstrad lassen möchte Lisa Hattemer allerdings nicht. Schließlich will sie dem Nachwuchs gerne ihre Erfahrungen näher bringen. „Ich hoffe, dass sie einen Job in der Nähe findet“, schmunzelt Christiane Schön, Vorsitzende des RSV Gau-Algesheim, „da kann sie unserem Nachwuchs ihre Freude am Sport weitergeben.“

Anzeige

Training statt Kindergeburtstage

Und den hat sie wahrlich gehabt. „Für sie waren sogar Kindergeburtstage zweitrangig“, blickt Pia Bischel zurück, die sich nicht daran erinnern kann, dass Lisa Hattemer mal ein Training verpasst hätte. Die beiden hingen mehr oder weniger wie Kletten aufeinander. „Da hat sich eine ganz tiefe Freundschaft entwickelt“, sagt Bischel. Auch deshalb seien sie lange als Mutter und Tochter betrachtet worden.

Nun muss die „Mutter“ die „Tochter“ ziehen lassen. Und hat dafür vollstes Verständnis: „Es ist die richtige Entscheidung. Man muss mit beiden Händen loslassen, um etwas Neues zu machen.“ Auch Christiane Schön kann die Entscheidung verstehen, auch wenn der RSV und die Region ein sportliches Aushängeschild verlieren. „Wir sind stolz darauf, dass sich Lisa bei uns so entwickelt hat“, betont die RSV-Vorsitzende, „und darauf, dass wir so eine tolle Sportlerin in unseren Reihen hatten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.