Dreimal Kunstrad-Weltmeister: So lief die Karriere von Julia...

In über 20 Jahren auf dem Kunstrad erlebten Julia und Nadja Thürmer viele Höhepunkte. Fotos: M. Thomé (3), Thürmer (3), Kaster, hbz/Zimmermann/Braun/Sell, St. Thomé  Foto:
© Foto:

Seit drei Jahren war kein Frauen-Duo besser als sie, in den vergangenen Wochen fuhren sie die höchsten Punktzahlen ihrer Karriere - Die Kunstradfahrerinnen Julia und Nadja...

Anzeige

MAINZ. Nach dem letzten Wettkampf vor der Sommerpause 2017 stiegen Julia und Nadja Thürmer unzufrieden ins Auto. 146,86 Punkte waren die Kunstrad-Asse des RV Finthen bei den Bodensee-Meisterschaften gefahren. Ein Wert, den seit drei Jahren kein anderes Duo auf der Welt erreicht hat. Aber auch ein Wert, der nicht dem Anspruch der Schwestern genügte. Auf der über 450 Kilometer langen Heimfahrt hatten sie dann viel Zeit, um über die Zusammenstellung ihrer Kür zu diskutieren. Sie konnten diese in der bisherigen Form beibehalten und damit einer sicheren WM-Goldmedaille entgegen fahren. Sie konnten aber auch die Kür komplett umstellen, auf einem statt auf zwei Rädern beginnen, den Handstand/Kopfstand einstudieren und damit ihre Schwierigkeit noch einmal steigern. Nach intensiver Diskussion und in Mainz angekommen hatten sie die Entscheidung getroffen: Sie gehen Risiko und stellen ihr Programm um. Wofür sie belohnt wurden. Die Thürmers fuhren die beste Saison ihrer über 20-jährigen Karriere, gewannen zum dritten Mal in Folge alle Wettbewerbe inklusive der Weltmeisterschaft. Und steigen nun auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn vom Kunstrad.

In über 20 Jahren auf dem Kunstrad erlebten Julia und Nadja Thürmer viele Höhepunkte. Fotos: M. Thomé (3), Thürmer (3), Kaster, hbz/Zimmermann/Braun/Sell, St. Thomé

„Wir haben uns entschieden, dass wir dieses Jahr aufhören“, verkündete Nadja Thürmer beim Empfang, den der RV Finthen nach dem dritten WM-Sieg ausgerichtet hatte. Dass die Schwestern ihr Karriere-Ende dort verkündeten, war eine bewusste Entscheidung. Denn fast alle, die ihre Karriere gefördert hatten, waren an diesem Abend in der Radsporthalle. Und sie sollten auch als erste erfahren, dass die Thürmers nun den richtigen Zeitpunkt für gekommen sahen, „ein neues Kapitel im Leben zu beginnen“. Fernab von der Kunstradfläche.

Lang war die Dankliste, die Julia und Nadja Thürmer vortrugen. Ganz oben standen darauf ihr Vater Frank, der die beiden als Trainer in die Weltspitze führte, ihre Mutter Britta und der Verein RV Finthen, der den Schwestern jederzeit beste Trainingsbedingungen bot. „Wir sind stolz, dass wir Teil dieses Vereins sind“, sagte Nadja Thürmer. Das Duo dankte auch ihren weiteren Trainern, ihren Kader-Kollegen, den Sportverbänden, den Sponsoren und ihren Lebenspartnern. Den Applaus ihrer Fans nahmen sie gemeinsam entgegen. Dabei waren sie anfangs alleine auf dem Kunstrad unterwegs. Als dann bei einem Länderkampf 2001 ein Frauen-Zweier fehlte, machte Landestrainer Marcus Klein den Vorschlag, die Schwestern könnten doch einmal zusammenfahren.

Anzeige

Seit 2008 immer eines der drei besten Duos der Welt

Daraus wurde dann eine der weltweit erfolgreichsten Hallenrad-Karrieren, in der sie auch Rückschläge wegsteckten. So gehörten Julia und Nadja Thürmer seit ihrem Aufstieg ins Elite-Alter 2008 immer zu den drei besten Duos der Welt. Eine WM-Medaille gewannen sie aber zunächst lediglich 2009. Deutschland hatte nur je zwei Startplätze, und Katrin Schultheis/Sandra Sprinkmeier vom RV Ebersheim sowie Jasmin Soika/Katharina Wurster vom RSV Mergelstetten waren in der Qualifikation meist einen Tick besser.

Doch die Fintherinnen ließen sich davon nicht entmutigen. Ihr größtes Ziel war es immer, eine bestmögliche Kür zu fahren und dabei auch stets neue Übungen zu erlernen. Weshalb auch die jüngste Kür-Umstellung vor der Hauptsaison so typisch für sie war. Als die beiden anderen Duos dann aufhörten, waren die Thürmers allen anderen Konkurrenten um Längen enteilt. Die letzten drei Jahre fuhren sie ungeschlagen, holten drei DM-Titel, drei WM-Titel, erzielten mit 165,41 Punkten die Weltbestleistung. Und sie hinterlassen nun im internationalen Frauen-Zweier eine von den Punkten her riesige Lücke von fast 30 Zählern, die die noch aktiven Duos hinter den Thürmers liegen.

„Wir haben Verletzungen hinnehmen müssen, wir haben vierte Plätze erlebt, aber wir haben auch großartige Siege gefeiert. Und das ist das, was der Sport uns in allen Facetten geboten hat“, sagte Nadja Thürmer. Am Ende einer Karriere, in der sie Mainzer Sportgeschichte schrieben.