Ex-Kunstrad-Weltmeisterin Lisa Hattemer aus Gau-Algesheim...

Lisa Hattemer genießt den Einzug in die Halle mit der Katholischen Kirchenmusik Gau-Algesheim. Links auf der Bühne sind ihre Siegertrikots zu bewundern. Foto: Thomas Schmidt
© Thomas Schmidt

20 Jahre lang fuhr Lisa Hattemer auf dem Kunstrad. Ihr größter Erfolg war der WM-Titel 2016. Jetzt feierte sie in Gau-Algesheim mit Freunden den Abschied vom Leistungssport.

Anzeige

GAU-ALGESHEIM. „Lisa, wir ziehen den Hut“: Treffender als Moderator Christian Döring es in seinem Schlusswort gelingt, lässt es sich wohl nicht formulieren. Mehr als 300 Gäste – Verwandte, Freunde, Vereins- und Sportkameraden sowie Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft – erweisen Lisa Hattemer am Samstagabend in der Schloss-Ardeck-Halle die Ehre. „Viel erlebt unter Freunden – Eine letzte Zugabe“: Unter diesem Motto steigt eine große Abschiedsfeier für die erfolgreiche Kunstradfahrerin des Radsportvereins (RSV) Gau-Algesheim, die im November vergangenen Jahres nach 20-jähriger Karriere ihren Rücktritt vom Leistungssport erklärt hatte. Krönung der beispiellosen Erfolgsgeschichte war zweifellos der Titelgewinn im Dezember 2016 bei den Hallenradsport-Weltmeisterschaften in Stuttgart.

Die Gala am Samstag präsentiert sich als ein bunter, kurzweiliger Mix aus Talkrunden, musikalischen, tänzerischen und sportlichen Darbietungen sowie letztlich sehr emotionalen Momenten. Der als SWR-Sportreporter einem breiten Publikum bekannte Christian Döring versteht es in seiner Rolle als Conférencier vorzüglich, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten, sodass zu keiner Zeit des gut zweistündigen Programms ein Gefühl von Langeweile aufkommt.

Klar, dass Lisa Hattemers sportliche Karriere wie ein roter Faden die Diskussion durchzieht. „Meine Aufregung ist wie weggeblasen“, freut sich die 26-Jährige, als Döring nach dem feierlichen Einzug zu den Klängen der Katholischen Kirchenmusik zum ersten rhetorischen Stelldichein bittet. Auf der VIP-Couch sitzend – die Weltmeister-, Europameister- und Deutsche-Meister-Trikots im Rücken, das Erfolgsfahrrad von 2016 im Vordergrund – blicken Lisa Hattemer und ihre langjährige persönliche Trainerin Pia Bischel darauf zurück, wie einst alles begann. Ja, mit fünfeinhalb Jahren stieg die Gau-Algesheimerin erstmals aufs Rad, entwickelte binnen kurzer Zeit einen enormen Ehrgeiz, kombinierte diesen mit großem Trainingsfleiß und durfte sich als Schülerin schon bald über erste Medaillen freuen. „Sportler, Trainer und Umfeld passten zusammen“, erklärt Kurt Jürgen Daum, langjähriger Bundestrainer, das Erfolgsrezept. Er ist in Gau-Algesheim ebenso zu Gast und als Experte gefragt wie der Vizepräsident des Radsportverbandes Rheinland-Pfalz, Dr. Marcus Klein, und Martin Rominger, seines Zeichens fünffacher Weltmeister im Kunstradfahren. „Sie war sehr fleißig und hat alle Tipps immer umgesetzt“, lobt Daum. „Hatte sie auch eine Macke?“, will Döring wissen. „Mir fällt nix ein“, antwortet Rominger wie aus der Pistole geschossen. Karin Augustin, Ehrenpräsidentin des Landessportbundes, und Udo Rudolf, Präsident des Radsportverbandes Rheinland-Pfalz, zeichnen ebenso das Bild einer idealen Sportlerin.

Anzeige

Nur in höchsten Tönen schwärmt denn auch Landrätin Dorothea Schäfer von einer „charmanten, selbstbewussten Frau, die weiß, was sie will“. Und Verbandsbürgermeister Benno Neuhaus berichtet von den „schlimmsten fünf Minuten seines Lebens“, als er das WM-Finale in Stuttgart leibhaftig verfolgte. „Lisa ist eine hervorragende Repräsentantin der Region, ein tolles Vorbild für den Nachwuchs“, sind sich beide Politiker einig.

Wundert es noch, dass auch die zahlreich erschienenen noch aktiven und ehemaligen Kunstradfahrer, die Lisas Karriere aus nächster Nähe verfolgen konnten, nur Positives über ihre Sportkameradin berichten?

Dass Lisa Hattemer bei allen Erfolgen herrlich normal und unprätentiös geblieben ist, verraten RSV-Vorsitzende Christiane Schön und die Eltern Brigitte und Jürgen Hattemer dem aufmerksam zuhörenden Publikum, das sich dann über eine letzte Kür der Ausnahmesportlerin freuen darf. Zum Abschied steigt die Mittzwanzigerin noch einmal aufs geliebte Rad und zeigt ihre Kunst in Vollendung. Stehende Ovationen!

Und dass Lisa Hattemer im RSV Gau-Algesheim eine ganz besondere Achtung genießt, wird ganz am Ende der Gala noch einmal besonders deutlich. Christiane Schön ernennt sie unter großem Beifall zur ersten Ehrensportlerin des 120 Jahre alten Vereins. Chapeau!

Von Gerhard Grunwald